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Ita Wegman wünschte den Türken einen neuen Kreuzzug

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Nachdem Ita Wegman, die späte, innige Begleiterin, Mitarbeiterin und Ärztin Rudolf Steiners nach dessen Tod von dessen Ehefrau und Erbin Marie Steiner erst geschnitten, dann allmählich ausmanövriert, denunziert und schließlich aus allen Ämtern und Funktionen heraus gedrängt worden war, nutzte sie die Jahre, um mit verbliebenen Freunden und Mentoren ausgedehnte Reisen zu unternehmen. Man kann nicht behaupten, dass man Ita Wegman mangelndes Selbstbewusstsein nachsagen könnte. Sie war sich ihres spirituellen Rangs mehr als bewusst, und sie betonte das auch in den Briefen, die sie von den Reisen an die Daheimgebliebenen schickte. 1932 bereiste sie Griechenland und die heutige Türkei, wobei sie sich, manchmal unfreiwillig komisch, häufig wunderte, wie sehr sich die Gegend doch seit ihrem letzten Besuch (in einer vorigen Inkarnation) verändert hatte.

Im Mai reiste sie nach Ephesos und bemerkte: „Für mich war wichtig festzustellen, dass die Gegend ganz anders geworden ist als vor zweitausendfünfhundert Jahren. Wenn man bedenkt, dass Ephesos durch die Lage an dem großen Fluss Kaystros, der jetzt versandet ist, damals direkt mit dem Meer in Verbindung stand, weil der Fluss breit ins Meer mündete, dann ist man schon erstaunt über die Veränderung. Zwischen dem Meer und Ephesos liegt ein weites Stück fruchtbares Land jetzt. Und wo um das stolze Artemision herum die Wohnungen der Ephemer und ihre öffentlichen Gebäude standen, ist jetzt das ärmliche Dörfchen Selcus (..)“*

Sie verbindet mit der Betrachtung - trotz der tatsächlichen politischen Umbrüche seit Atatürk- aber auch ihre Ressentiments gegen den Islam: „Die Ottomanen mit ihrem Islam werden niemals die Weltentwicklung befördern. Wehe, wenn sie noch mehr Macht bekämen!“* Selbst die Vegetation stimmt zu Wegmanns Unwillen nicht mit der aus ihrer vorgestellten Vergangenheit vor 2500 Jahren überein: „Der Wald um Artemision ist kümmerlich noch da, besteht aus Feigenbäumen. Ich meine, es sollten Akazienbäume sein, müssten früher Akazienbäume gewesen sein. Es stand ein solcher Baum auf dem Schulplatz und ich hatte eine ungeheure Beziehung zu dem Baum, auch zu dem Platze.“

In einem weiteren Brief an Fried Geuter** geht sie erst auf das mangelnde Verständnis von Menschen für „Karmawirken“, und auf die „Tragik auf unserem Wirken in diesem wie im vorigen Leben“ ein, und wie Rudolf Steiner diese gesehen hatte. Von den alten Mysterienstätten, klagt sie, fände man nichts mehr „als einen Trümmerhaufen“ und „das menschliche Herz, das manches miterlebt hat in diesen alten Zeiten“.** Ein schwerer Fall von karmischer Nostalgie.
In den Kontrasten zwischen „damals“ und heute steigert sie sich in eine Klage über Ephesos hinein, „wo Türkenwirtschaft und Türkenherrschaft alles zugrunde richten, was noch eventuell da sein könnte.“ Das ist für sie generell „ein ungebildetes Milieu“, was sie „bittere Tränen weinen und auch in Wut geraten lässt“ - so sehr, dass sie Sehnsucht bekommt, „einen neuen Kreuzzug anzuregen.“**

Leider befänden sich die Menschen, die mit Artemision verbunden waren, nach Wegmans Meinung, reinkarniert ohne eigenes Wissen in der Anthroposophischen Gesellschaft. Kühl und rassistisch befindet sie, dass Türken nicht in die Türkei gehörten: „..man möchte jeden Türken, der da herumläuft, herausjagen, er gehört nicht da; das ist eine große Tragik.“ Sie verzichtete daher auch auf einen Besuch in Istanbul, das sie penetrant „Konstantinopel“ nennt. Dass sie sich mit dieser Empfindung einer kulturellen Superiorität ganz mit der Anthroposophie verbunden fühlt, macht ihre diesbezügliche Haltung um so bedenklicher: „Ich gehöre mit meinem ganzen Wesen zu dem Werke Rudolf Steiners und deshalb auch zu Ihnen allen, die so treu hüten dasjenige, was ich für einige Zeit verlassen habe, ja, habe verlassen müssen.“***

__________
*Brief an Dr. v. Deventer, 9. 5. 1932, in: Wer war Ita Wegman (Zeylmans van Emmichoven) 1925 bis 1943 Band 2, S. 184
** 26. Mai 1932, S. 185f
*** 22. Mai an Dr. v. Deventer, S. 186

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