Quantcast
Channel: Egoisten
Viewing all articles
Browse latest Browse all 678

Das Irren

$
0
0
Über den Irrtum an sich, und wieso wir ihn als Person nicht ertragen können, ja nicht einmal einen Marker oder Label dafür in unseren Kategorien der Erinnerung haben: Der Irrtum stellt uns selbst infrage, was ja einiges aussagt über die Belastbarkeit des Ego. Die Anstrengung besteht darin, das Offensichtliche zu leugnen: Wir irren nicht. Darüber lässt sich Kathryn Schultz in "Being Wrong: Adventures in the Margin of Error" aus- ein unentwegter Sprudel an Denkanregungen, aber auch zu unschönerem Ertapptwerden im einen oder anderen Mechanismus unserer Selbst- und Welterklärung.

Interessant ist z.B. eine Koinzidenz in Bezug auf das Irren, die ich in Bezug auf Heidegger und Thomas von Aquin im angesprochenen Buch vorfinde.

Heidegger sah unsere Beschränktheit - unsere Unfähigkeit, in der Wahrheit zu sein- in unserer Verhaftetheit an die irdischen Koordinaten: "The German philosopher Martin Heidegger thought that error could be explained by the fact that we live in time and space; because we are bound to a particular set of coordinates, we can’t rise above them and see reality as a whole, from a bird’s-eye (or God’s-eye) view."

Auch wenn die Möglichkeit, von der Warte des Schauenden ganz unsere Existenz zu überblicken (und uns damit geistig von ihr zu lösen), von Martin Heidegger geleugnet wurde, sah er sie doch als impliziert existent an; die Ebene der gebundenen Wirklichkeit steht einer freien Sicht (aus göttlicher Perspektive) gegenüber. So originell das klingen mag, geht es inhaltlich, von der grundsätzlichen Anschauung her, doch um Kategorien des Denkens, die auf Thomas von Aquin zurück gehen:

"Thus Thomas Aquinas, the thirteenth-century scholastic, held that we make mistakes because, when we were banished from paradise, we were cut off forever from direct access to divine truth. To Aquinas and many of his fellow theologians, our errors arise from the gap between our own limited and blemished minds and God’s unlimited and perfect omniscience."

Das Irren- Können ist natürlich eine ur- menschliche Eigenschaft mit dem besonderen Vorteil, daraus lernen zu können. Eigenes Irren zu bemerken- oder, im persönlichen Maßstab- eigene Verhaltensmuster und Strategien zu entdecken, ermöglicht es uns, nach Neuorientierung zu suchen. Zwischen den Stühlen ist da keine ungünstige Konstellation. Aber im Grundsatz denke ich sicher in der Tradition eines Thomas von Aquin, was praktisch nicht zu vermeiden ist: Das ist Teil unserer Kultur.

Viewing all articles
Browse latest Browse all 678