Es ist relevant, an welchen Chakren man ansetzt, klar. Der Ansatz im Scheitel- Chakra ist ebenso spezifisch wie der am Bauchnabel, beides sind traditionelle Herangehensweisen, die heute nicht up-to-date sind - nicht für das globalisierte intellektuell gebundene Bewusstsein, das mit Eigenständigkeit und Individualität assoziiert ist.
Meiner Erfahrung nach ist die Aktivierung der Chakren ein Dreierschritt- jeweils mindestens drei sind typisch für ein fortschreitendes Bewusstsein. Heute sind Stirn, Kehlkopf und Brustraum relevant, jeweils mit spezifischen Eigenheiten.
Ich erlebe es so, dass es für längere Zeit der Entwicklung des Stirnbereichs bedarf, um frei werdende, urspünglich biologisch gebundene Energien zu stabilisieren- einen "Ätherkopf" zu etablieren. Das Kehlkopf- Chakra gesellt sich hinzu und gibt eine erhebliche Dynamik, eine Gestaltungskraft hinein. Das Herzchakra unterströmt das Ganze, gibt eine innere Ausrichtung, die noch eine ganz andere Tiefe hat und deutlich Empfindung in einem elementaren Sinne erweckt. Es ist ganz wichtig, dass man das Strömen bis in die Hände hinein erlebt, mit einer Fokussierung auf die innere Mitte der Hände. Das gibt eine Empfindung, das Ganze von unten her zu tragen, zu formen, zu richten.
Aber was eigentlich geschieht, wird nur durch die Chakren initiiert, sie selbst sind nicht eigentlich das Zentrum der Bemühung; es geht um die Gestaltung eines "Raums", der nicht mit den Körpergrenzen zusammen fällt, aber quasi- leibliche Komponenten hat; ein zweiter Mensch erwacht, der leibunabhängig (d.h. unabhängig von den sensorischen Rückmeldungen des Körpers) ist. Es ist zu erwarten, dass die weitere Öffnung weiterer Chakren eine kosmische Dimension hinzu fügen mag- das kann ich nicht beurteilen. In dieser ätherischen Leiblichkeit ist aber keine Brechung mehr zu bemerken, keine Differenzierung der energetischen Felder. In dieser Leiblichkeit kann ein geistiges Selbstbewusstsein erwachen, ein Ich ("Geistselbst"), das aber transparent, dynamisch und wandelbar ist. In ihm ist die Dualität überwunden; es identifiziert sich nicht, sondern "ist" in Naturphänomenen, abstrakten oder konkreten Problemen, einer Landschaft, usw. Es entfaltet und vertieft sich, wenn es einmal geweckt ist, dauernd durch Anstösse von Innen und Außen, ist dynamisch, aber zugleich individuell, obwohl es sicherlich nicht "haftend" und nicht leibgebunden ist. Es ist ein Bewusstsein-in-der-Dynamik, in reiner Gegenwärtigkeit.
Eigentlich ist es dieses Ganze, was ich als geistiges "Wahrnehmungsorgan" empfinden würde, lediglich moduliert von den spezifischen Unterströmungen der jeweiligen Chakren. In seiner Dynamik kommen ihm Impulse entgegen, meist wie in einer Spirale von außen. Kraftimpulse, die imaginativen Charakter haben können. Aber es ist auch möglich, dass im Inneren des Kraftraums Quellen entspringen. Es sind immer kraftvolle, dynamische Impulse, die etwas Gesundes haben, eine angenehme Erfahrung- manchmal eine vollkommen unbeschreibbare Süße. In der Erfahrung ist impliziert, dass man das nicht selbst erzeugt, dass man nur den Raum bereitet hat, damit es einströme oder entspringen möge. "Wahrnehmungsorgan" ist eigentlich die innere Wandelbarkeit, die es erlaubt, diese Impulse aufzunehmen, sich in sie zu verwandeln, mit ihnen mit zu gehen. Die Chakren selbst erlebe ich eher als die Tore, die einen gesunden Übergang zwischen dem einen und dem anderen Bewusstsein ermöglichen- kein Losreißen, kein Abbruch, sondern eine Kontinuität des Erlebens.
Energetisch ist das in gewisser Weise immer, allerdings ist ein vertieftes Sich-Zurücknehmen und Stillwerden auch vonnöten, damit das Einströmende bemerkbar wird. Man muss das Energetische, ohne es zu verlassen, quasi anhalten. Ich sehe darin etwas wie den umgekehrten Willen, der sich selbst zum Gefäß macht-das Bild des Grals.
Wenn man damit beschäftigt ist, ist das durchaus ausfüllend. Ich suche daher keine besonderen Anregungen; es ist ein eigenes inneres Curriculum. Der Anfang ist gemacht, allles weitere ergibt sich. Das ist sicher ein Grund für meine Zurückgezogenheit- ich möchte das sich entfalten lassen, wenn es denn so sein sollte. Wenn nicht, bleibt mir auch das erhalten, denn es halt eine existentielle Dimension. Ich vermute, dass das Schicksal sich schon so gestalten wird, dass man an dieser Linie bleibt, so oder so- es gestaltend oder erleidend, praktisch sozial anwendend..man bleibt in Bewegung, aber lässt sie kommen.
Wir stehen alle an demselben Fluss. Vielleicht ist er zu beschreiben als ein Strom aus Verstehen und einem Strömen, das unmateriell ist. Es strömt auch nicht an uns vorbei, sondern durch uns hindurch. Wir stellen uns mit unserem Verstehen als Kraft hinein und erleben uns als Teil davon. Es ist eine über- persönliche Kraft, und sie kann sich nicht nur in der Tiefe des Erlebens, der Stille und den dort heraus perlenden Erkenntnissen mitteilen, sondern in immer weiteren Dimensionen- so zum Beispiel, wenn man auch das ganze seelische Leben, die Gefühlswelt in diese perlende Klarheit auflösen kann. Dann geht dieses Auge darin auf, und die ganze Person fühlt sich heimgekehrt, endlich zu Hause.